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Die frühe nordfriesische Geschichte

liegt weithin im dunkeln. In zwei Schüben wanderten Friesen aus ihrem ursprünglichen Siedlungsgebiet zwischen Zuidersee (heute Ijsselmeer) und Weser in das zunächst "Uthlande" und "Klein-Friesland", sodann "Nordfriesland" genannte Küstengebiet ein, wie aus historischen, archäologischen und sprachwissenschaftlichen Befunden hervorgeht. Im achten Jahrhundert dürften vor allem die Inseln Sylt, Föhr und Amrum sowie vermutlich auch das westliche Eiderstedt und Helgoland besiedelt worden sein, teilweise auch bereits die weiten Marschgebiete. In stärkerem Maße wurde die Marsch jedoch erst um die Jahrtausendwende in einer zweiten Asuswanderungswelle in Besitz genommen. Auseinandersetzungen mit dem expandierenden Frankenreich, die Wirren der Wikingerzeit, vielleicht ein Ausweichen vor der Christianisierung werden als Gründe für die Wanderung nach Nordfriesland angenommen. Dieses Gebiet war den neuen Siedlern aufgrund ihres weitgespannten Handels im "Mare Frisicum", wie die Nordsee damals genann wurde, bereits bekannt. Später erweiterten die Nordfriesen infolge von Sturmfluten ihr Gebiet auch nach Osten auf den Geestrand und die hohe Geest.

Staatsrechtlich unterstanden die Nordfriesen zunächst lange dem dänischen König. Im Mittelalter beteiligten sie sich an den mannigfaltigen Auseinandersetzungen um das Herzogtum Schleswig, wobei sie nur selten geschlossen auftraten. Bei der Landesteilung von 1544 kamen sie unter drei Landesherren. Seit der Teilung 1581 gehörte Nordfriesland zum Gebiet des Gottorfer Herzogs; nur die Nordergoesharde um Bredstedt zählte zum Anteil des dänischen Königs, während die "reichsdänischen Enklaven" Westerlandföhr, Amrum und List/Sylt Bestandteil Dänemarks waren (und es bis 1864 blieben). 1721 wurden die Verhältnisse vereinfacht: Die Gottorfer Anteile wurden mit den königlichen vereinigt. Fortan gehörte Nordfriesland insgesamt zum dänischen Gesamtstaat. Landesherr war der dänische König in seiner Eigenschaft als Herzog von Schleswig. In der Folge des deutsch-dänischen Krieges von 1864 kam Nordfriesland insgesamt erstmals in seiner Geschichte zu einem deutschen Staatswesen. Es gehörte seit 1867 zur preußischen Provinz, seit 1946 zum Land Schleswig-Holstein.

Eine politische Bezugsgröße ist Nordfriesland zu keinem Zeitpunkt gewesen. Ein nordfriesisches Staatsgebilde hat es nie gegeben, und die Nordfriesen strebten es auch nicht an. Nur zweimal blitzte der Gedanke eines nordfriesischen Staates kurz in der politischen Auseinandersetzung auf, 1848 vertreten durch den nordfriesischen Revolutionär und Schriftsteller Harro Harring (1798 – 1870), 1919/20 durch den Bauernpolitiker Cornelius Petersen (1882 – 1935). Beide fanden mit ihrer irrealen Vorstellung aber keine Gegenliebe bei der Bevölkerung. Die regionale Identifikation richtete sich durch die Jahrhunderte vor allem auf die eigene Harde (Verwaltungs- oder Gerichtsbezirk), Landschaft oder Insel, kaum einmal auf "Nordfriesland" insgesamt. Die politischen Geschicke wurden bereits frühzeitig von außerhalb gelenkt, vor allem von Kopenhagen und Gottorf/Schleswig, später dann von Berlin, Bonn und Kiel aus.

Blieb auch das politische Feld im engeren Sinne weitgehen unbestellt, so konnten sich die Nordfriesen im "vorpolitischen" Raum lange Zeit ein Eigenleben bewahren, vor allem im Bereich der Rechtsverfassung. Lediglich in den drei – nur im Westteil von Friesen bewohnten – Geestharden Karrharde, Norder- und Südergoesharde galt das dänische "Jydske Lov", das jütische Gesetzbuch. In den dreizehn Harden der Uthlande hingegen wurde friesisches Recht angewendet. Diese Harden der Uthlande waren: Sylt, Osterland-Föhr, Westerland-Föhr mit Amrum (seit 1411/35 reichsdänische Exklave), die Wiedingharde (zunächst Horsbüllharde), die Bökingharde, die fünf Harden Alt-Nordstrands, nämlich die Wirichs-, Pellworm-, Edoms-, Beltring- und Lundenbergharde, sowie die sogenannten Dreilande Utholm, Everschop und Eiderstedt. Das jahrhundertelang mündlich überlieferte friesische Recht wurde erst 1426 erstmals schriftlich aufgezeichnet. Zu Konflikten mit dem Landesherrn führte vor allem die Frage der Abgabepflicht. Freiheit wurde vor allem verstanden als ein weitgehendes Befreitsein von Steuerzahlungen.

Bestimmendes Element der Friesischen Geschichte ist das Meer. Landgewinn und Landverlust waren entscheidender für die Entwicklung Nordfrieslands als kriegerische Schlachten. Aufgrund des ansteigenden Meeresspiegels begannen die Friesen etwa im 11. Jahrhundert mit dem Bau von Deichen. In ihrem Schutz konnte sich auf dem fruchtbaren Marschland eine blühende Landwirtschaft entwickeln. Einen Eindruck von dem Umfang dieses Bollwerks mag die heutige Gesamtlänge der in der Regel über acht Meter hohen Seedeiche in Nordfriesland vermitteln; sie beträgt auf dem Festland nicht weniger als 132, auf den Inseln zusätzlich 92 Kilometer. Hinzu kommen noch die vielfach längeren Deiche, die inzwischen als Mittel- oder Schlafdeiche ins zweite, dritte oder vierte Glied gerückt sind. Kaum ein anderes von Menschenhand errichtetes Bauwerk in Europa kann sich nach Umfang und Arbeitsaufwand mit den Deichen der Nordseeküste messen. Die Technik des Deichbaus sowie andere Fertigkeiten, wie etwa die Gewinnung des "friesischen Salzes" aus dem Torf im Untergrund der Watten, brachten Perioden großen Wohlstands. Solche Blütezeiten aber wurden mehrfach durch verheerende Sturmfluten beendet.

Zwei große Sturmfluten haben das Landschaftsbild Nordfrieslands grundlegend verändert. Tausende von Menschen verloren 1362 ihr Leben, als die große Manndränke das Land unter Wasser setzte. In dieser Sturmnacht ging die sagenhafte und reiche Stadt Rungholt - sie wird bei der Hallig Südfall vermutet - unter, Husum wurde zur Hafenstadt. Große Teile des Landes verschwanden für immer in den Fluten. Die schlimmste Sturmflut, die je an der Nordseeküste gewütet hat, zerstörte am 11. Oktober 1634 das Land. Nach Chroniken sollen damals mehr als 6.000 Menschen in den Fluten umgekommen sein. Weiter heißt es in diesen Schriften: "Der Himmel brannte, die Luft war voll Feuer. Es regnete, hagelte, blitzte und donnerte. Der Sturm hatte die Erde in ihren Grundfesten bewegt."

Die Unterhaltung der Deiche befand sich jahrhundertelang weitgehend in bäuerlicher Hand und wurde erst in neuester Zeit gänzlich zu einer staatlichen Aufgabe. Dies galt zunächst auch für den Deichbau. Vor allem im 17. Und 18. Jahrhundert ergriffen zunehmend die Landesfürsten Initiativen für Eindeichungen in großem Stil. Sie beauftragten damit häufig kapitalkräftige Interessenten und Deichbaumeister aus den Niederlanden., wie überhaupt die Kultur- und Wirtschaftsgeschichte Nordfrieslands in vielfältiger Weise durch niederländische Einflüsse mitgeprägt worden ist. Gestärkt werden Eigenverantwortung und Selbstbewußtsein auch durch die sogar in absolutistischer Zeit bestehende Selbstverwaltung in den "Landschaften", wie sie vor allem in Eiderstedt, aber in weniger ausgeprägter Form auch in manchen anderen Teilen Nordfrieslands bis in die preußische Zeit hinein galt.

Der nordfriesische Raum gehörte seit der preußischen Landkreisordnung von 1867, die an die Stelle der bis dahin verwirrend vielfältigen Verwaltungsformen trat, zu den Kreisen Tondern, Husum und Eiderstedt. Bei der Volksabstimmung 1920 wurde der – nicht von Friesen besiedelte - Nordteil des Kreises Tondern an Dänemark abgetreten: bei Deutschland verblieb der Kreis "Südtondern". Erst 1970 wurden mit der Bildung des Kreises Nordfriesland alle nordfriesischen Gebiete – mit Ausnahme der Insel Helgoland – in einer Gebietskörperschaft zusammengefasst. Von den 151.000 Einwohnern des Kreises (Stand:1989) wird sich herkunftsmäßig aber schätzungsweise nur ein gutes Drittel als Friesen bezeichnen. Denn zum einen greift das Kreisgebiet im Osten über den ursprünglichen friesischen Siedlungsbereich hinaus, und zum anderen hat es in der Geschichte immer wieder stärkere Zuwanderungen gegeben, so in besonders großem Ausmaß durch Flüchtlinge und Vertriebene in der Folge des Zweiten Weltkrieges.

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